Mittwoch, 7. Oktober 2015

Frauen: Sie nehmen uns unsere Freiheit!

Ich verfolge das Thema Geburtshilfe jetzt schon seit einigen Jahren, und es ist unfassbar: trotz massiver Öffentlichkeitsarbeit haben die Hebammen diese Welle der weiblichen Entrechtung nicht aufhalten können. Ich selbst habe einige Zeit intensiv selbst zur Öffentlichkeitsarbeit beigetragen und mich dann für mich aktuelleren Themen zugewandt.


In England gibt es tatsächlich eine Gegenbewegung: dort wird Hausgeburt inzwischen sogar empfohlen (vielleicht ironischerweise sogar wieder aus Kostengründen).


Hebammen für Deutschland hat heute einen Newsletter verschickt und von einem "Aufschrei" gesprochen, der erfolgen muss. Eine konzertierte Aktion wäre da hilfreich gewesen. Ich würde ja einen Brief schicken, wenn mir klar wäre, wohin ich den am besten schicken würde. Irgendwelche Vorschläge und Hinweise?


Ich kann nur allen - vor allem aber den noch nicht Mutter gewordenen - Frauen raten: nehmt Euch des Themas an. Vorher hat man wenig Bezug dazu, ich weiß.

Aber wenn du erst einmal im Kreißsaal mit einem Chefarzt verbracht hast, der eher die Berufsbezeichnung Metzger verdient hätte, oder wenn sie dich erstmal entmündigen, weil du unter der Geburt zu keiner Verteidigung mehr in der Lage bist, wirst du verstehen, wie wichtig eine gute, frauenfreundliche Geburtshilfe ist.


Ich selbst habe, von meiner ersten Geburt schlau geworden, vor meiner zweiten Geburt (die aus widrigen Umständen im Krankenhaus erfolgen musste) eine sehr lange "Willenserklärung" abgegeben, wo ich genau aufgelistet habe, was ich wünsche, was ich auf keinen Fall wünsche und in welcher Reihenfolge ich im Notfall irgendwelchen Maßnahmen zustimme. D.h. ich habe mich im Vorfeld so umfassend wie möglich informiert, um auch fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Mit dieser Mappe bin ich vor der Geburt - flankiert von meiner Hebamme - ins Krankenhaus marschiert.


Ich habe mir ausgebeten, die Geburt - trotz Krankenhaus - ALLEINE, nur mit meinem Mann und meiner Hebamme zu verbringen und habe mir dafür VORHER das Ok des Oberarztes geholt. Dieses Vorgehen hat mich zwar zum Stationsgespräch gemacht und hat mir den Ruf der "Ärztehasserin" eingebracht. Und die junge Ärztin, die dann anwesend war, hatte sichtlich Mühe, meine Wünsche nicht persönlich zu nehmen, aber ich habe meine Wunschgeburt bekommen!

Und die Ärztin hat tatsächlich - man mag es kaum glauben - die gesamte Geburt VOR der Tür (jedenfalls außerhalb des Kreißsaales) verbracht! 
Irgendwann (nach einer Stunde! sie warten sonst wegen der Blutungen höchstens 30 min. ) kam die junge Ärztin dann - sehr schüchtern - zu mir und meinte, sie müssten jetzt wohl doch noch operativ die Plazenta entfernen, weil die nämlich festgewachsen war. Doch das war für mich völlig in Ordnung; ich hatte "meine" Geburt und unsere ausführliche Bondingphase bekommen.
 Und so gesehen war es auch gut gewesen, dass ich im Krankenhaus war.

Ich kann allen Frauen nur sagen: FORDERT EURE RECHTE EIN! Ich hatte mich irgendwie auch auf meinen Mann verlassen, aber der war (lach) selbst so überfordert gewesen bei der ersten Geburt, dass er auch nicht in der Lage war, für meine Interessen einzutreten.

Für uns einzutreten, macht uns zwar sehr unbequem, aber nur so können wir auch bekommen, was wir brauchen.

Ihr könnt meinen Text gerne weiter verbreiten. Danke schön.

Pressemeldung "Schiedsspruch beschneidet Recht auf Wahlfreiheit des Geburtsortes sowie das Berufsrecht der Hebammen" von Hebammen für Deutschland e.V.



Montag, 5. Oktober 2015

Wut

Manchmal verblüfft mich die Weisheit meiner Kinder einfach nur. Mein jüngerer Sohn, jetzt 6, hatte seit einiger Zeit eine hartnäckige Warze. Eben sah ich, dass sie abgefallen war.

Darauf angesprochen, sagte er: "Meine Wut war da drin. Jetzt ist die Wut weg. Eigentlich ist Wut gar nichts. Man kann sie nicht sehen."

Das hat mich sehr berührt - vor allem, weil ich gerade durch einen tiefen Heilungsprozess gehe. Und vielleicht konnten nun nicht nur Teile meiner alten Schmerzen (oder Wut) gehen, sondern auch G.s.

Montag, 10. August 2015

Kreative Leere oder der Nutzen eines Whiteboards

Wir sind, seit wir in England leben, ja bekennende Lidl-Einkäufer (nirgendwo bekommt man annähernd so gutes deutsches Brot!) Doch diese Woche hat uns Lidl kein Brot, sondern etwas anderes Wunderbares beschert. Wir haben nämlich drei ziemlich große magnetische Whiteboards gekauft.

Zwei hängen seit gestern prominent neben meinem Schreibtisch, eines hat den Weg ins Büro meines Mannes gefunden. Und die Wirkung der Whiteboards (vorausgesetzt sie sind weiß und sauber) ist verblüffend: sie haben eine außerordentlich stimulierende Wirkung, kreativ zu werden.

Auch in der Gestalttherapie kennt man den Begriff der "kreativen Leere", also einen Art Nullzustand, aus dem nach einer gewissen Ruhe etwas Neues erwächst. Die Whiteboards repräsentieren diese Art Nullzustand.

Innerhalb kürzester Zeit hatten sich die Kinder eines des Whiteboards bemächtigt, zuerst, um darauf eine Straße zu zeichnen und Autos darauf fahren zu lassen (da hing es noch nicht an der Wand) und später, um Pläne für ein Kinderhaus zu zeichnen.


Wie man sieht, will G. (6) in einem Lokomotivenhaus wohnen. Man sieht deutlich die Leiter, die zur Rutsche führt und einen direkt ins Bett rutschen lässt. Unter dem Bett hat der kleine Architekt ein Bücherregal vorgesehen, damit ich ihm dort allabendlich vorlesen kann. Neben der Leiter hat er noch eine Geheimtür vorgesehen.

Spannend zu sehen ist auch, wie sich die Kreativität und der Ideenreichtum, der sich jüngst uns Eltern bemächtigt hat, direkt bei den Kindern fortpflanzt. Wir Großen sind gerade intensiv mit Planen beschäftigt, weil wir unseren Berlingo mit einem Schlafplatz ausstatten wollen. Außerdem träumen wir von einem großen, "leeren" Grundstück im Grünen, wo wir alle möglichen und unmöglichen Träume Wirklichkeit werden lassen wollen.

Apropos leer: ich habe die interessante Beobachtung gemacht, dass meine Kinder Großformat über alles lieben. Mit einem einfachen Din A 4-Blatt hat sich vor allem mein Großer nie anfreunden können. Aber wenn er mit Kreide auf unsere Gartenwand malen darf, dann fängt er sogar dort an zu schreiben. Auch auf der Straße verwandelt er sich schlagartig in einen malfreudigen Künstler.

Mal wieder zeigt sich also, dass man für sich das richtige Material und den richtigen Rahmen finden muss - dann sprudeln wir über, dann werden wir tätig und kreativ.

Mich juckt es auch schon in den Fingern, die Whiteboards mit Ideen, Skizzen usw. vollzukritzeln. Irgendwohin muss er ja fließen können, der innere Reichtum.

Freitag, 7. August 2015

Besuche auf der Durchreise

Da fällt mir noch ein, dass wir kürzlich wieder sehr netten Besuch im Hause hatten. Eine deutsche Freilerner-Familie, die derzeit durch Europa reist, um einen neuen Lebensmittelpunkt zu finden, hat uns für einen Nachmittag mit ihren beiden Kindern hier besucht.

Da passte es wunderbar, dass auch eine Freundin aus Schottland, die gerade auf der Heimreise war, ebenfalls bei uns war.

Wir hatten einen richtig tollen Tag miteinander und haben viele angeregte Gespräche geführt. Ich finde es immer wieder klasse, auf diese Weise über das immer weiter wachsendes Freilerner-Netzwerk neue Kontakte zu schließen.

Doch nicht nur wir Erwachsene genießen solche Besuche, sondern auch unsere Kinder. Sie lieben es, wenn das Haus voller Leute ist und den Wind der großen, weiten Welt in unser Haus weht. Und eines darf ich hier noch vermerken: das Thema Mobiles Reisen und Leben begegnet uns immer häufiger.

In ein paar Tagen wollen wir im ersten Schritt unseren Berlingo mit einer zusammenklappbaren Liegefläche ausstatten (Marke Eigenbau), damit wir auf Reisen flexibler sind. Und wer weiß, wie dann unsere weiteren Schritte aussehen. Das Gute ist, dass wir inzwischen an so vielen Orten und in verschiedenen europäischen Ländern Leute kennen, dass das Reisen gleich noch einmal so viel Spaß macht.

Große, weite Welt - wir kooooommmen!

Wieder einmal Forschungsobjekt

Wenn man wie wir ein nicht ganz so alltägliches Leben führt, gerät man offenbar leicht in den Fokus irgendwelcher Forscher. So geschehen letztes Jahr, als Mami an einer Studie der Uni Essen-Bochum teilnahm, und so nun erneut geschehen. :-)

Vor einigen Tagen hatten wir hier eine junge, sehr nette Deutsche zu Besuch, die erst meinen Mann und dann mich rund anderthalb Stunden für ihre Dissertation über "Deutsche in England" interviewte. Da ich mich im Studium zumindest rudimentär mit empirischer Sozialforschung beschäftigt habe und daher um die Wichtigkeit von "repräsentativen" Studien weiß, frozzelte ich direkt zu Beginn, sie müsse aber viele, viele Deutsche interviewen, um uns Ausreißer in einen repräsentativen Zusammenhang zu bringen.

Doch sie beruhigte mich und meinte, sie würde nicht mit repräsentativen Befragungen arbeiten. Ihr Glück! :-)

Interessant finden wir solche Begegnungen, die oft tatsächlich über Facebook zustande kommen, allemal. Nach dem Interview, in dem wir über unsere Motivation berichteten, nach England gekommen zu sein, saßen wir dann noch weitere zwei Stunden bei Kaffee und Kuchen zusammen und quatschten.

Es ist merkwürdig, aber wahr, und ich hätte dies nie für möglich gehalten: wenn man nur lange genug aus seinem Heimatland weg ist, fängt man tatsächlich wieder damit an, sich mit anderen aus der Heimat "zusammenzurotten".

So gründet sich in unserer Stadt angeblich auch gerade ein deutscher Stammtisch, und m Wochenende treffen wir eine deutsch-englische Familie, wobei ich die deutsche Mutter bei Lidl an der Kasse kennengelernt habe.

So viel zu unserem Deutsch- oder Nicht-Deutsch-Sein. Erst wenn man von zu Hause weggeht, stellt man fest, wie deutsch man doch ist :-)

Englische Freunde

Es hat zwar gut zwei Jahre gedauert, bis J. (8) im Englischen so sattelfest war, dass er sich unbefangen unter Muttersprachler mischt, aber unser - manchmal ungeduldiges - Warten hat sich gelohnt. Wir können mit Fug und Recht behaupten, dass J. inzwischen fließend Englisch spricht.

Na und? mögen manche sagen. Nach zwei Jahren ist das bei einem Kind doch kein Wunder. Nun ja, bedenkt man, dass wir viel Zeit zu Hause ohne Kontakte zu Muttersprachlern verbracht haben, finde ich das schon.

Was geholfen hat, waren Videos. Viele Videos. Vor allem hatten es J. die Lego-Videos angetan. Das gute daran war: es gibt sie sowohl auf Deutsch und auf Englisch. Hm … you get it?

Unser Jüngster, gerade 6 geworden, hat sich wie so oft etwas mehr Zeit mit den Dingen gelassen. Aber guess what? Er fängt nun auch an, in ganzen Sätzen zu sprechen. Und der Vorteil seines Alters: er ist noch viel unbefangener beim Sprechen, als sein großer Bruder es war. Er traut sich einfach und quatscht die Leute an.

Dass es so lange gedauert hat, bis J. sich traute, die Sprachhürde zu "nehmen", hat mich oft die Haare raufen lassen. Was nutzen uns all die tollen Home Educators Activities, wenn J. sich dort nicht hintraut?

Diese Phase gehört nun endgültig der Vergangenheit an. Seit ein paar Monaten haben wir ein paar sehr nette Familien - ebenfalls Home Educators - näher kennengelernt, und wir treffen uns regelmäßig.

Seit Neuestem interessiert sich eine der Töchter einer Freundin dafür, Deutsch zu lernen. Sie fragte mich nach guten Ressourcen und schlug sogar schon vor, ob wir nicht "Sprachaustausch" machen sollen: meine Jungs lernen von ihr noch mehr Englisch, und sie lernt von uns Deutsch.

Solche Ideen finde ich grandios. Wir philosophierten sogar schon über die Idee, ob E. im nächsten Sommer dann nicht vielleicht eine deutsche Familie für einen "Nicht-Schüler-Austausch" suchen sollte …

Nächste Woche werden wir mit unseren englisch/amerikanischen Freunden einen waschechten Pflaumenkuchen backen, mit Pflaumen aus ihrem Garten.

Donnerstag, 6. August 2015

Rechnen

Wie wir im Freilernen immer wieder erfahren, ist alles Lernen eine Frage der Motivation. Unser Großer, inzwischen 8, rechnet schon seit geraumer Zeit wunderbar im Kopf. Wie er das gelernt hat? Keine Ahnung. Alles Transferleistungen.

Schriftlich hat er allerdings noch nie gerechnet und auch in seinem Leben keine einzige Rechenstunde erlebt. Vor ein paar Tagen überreichte er dann ein Blatt, auf das er zwei zweistellige Geldbeträge geschrieben hatte. Als ich das Blatt umdrehte, fand ich auf der Rückseite das Ergebnis: 31,99

Da war ich gelinde gesagt platt. Nicht nur, dass er erstmalig überhaupt schriftlich gerechnet hat. Nein, er hat auch direkt mit zweistelligen Kommata gerechnet. Und - wie Mama bestätigen konnte - absolut korrekt.

Seine Antriebsfeder? Er wollte wissen, ob er sich zwei Spielzeuge, die er sich ausgesucht hatte, von seinem gesparten Geld würde kaufen können. Textaufgabe inbegriffen :-)