Unschooling hat wie jede Lebensform sowohl Vor- als auch Nachteile.
Die Vorteile liegen klar in der großen Freiheit, selbstbestimmt, nach eigenem Tempo und auf die eigene Weise zu leben und zu lernen. Es gibt kein Mobbing (da die Menschen selbst entscheiden können, mit wem sie ihre Zeit verbringen), keinen Druck (es sei denn, man macht ihn sich selbst), keine angsterzeugenden Prüfungssituationen, keine von außen vorgegebenen Termine und Uhrzeiten. Auch die Erfüllung fremder Ziele entfällt. Stattdessen hat jede/r die Möglichkeit, seine eigenen Möglichkeiten, Ziele und Fähigkeiten zu entfalten und sich je nach Interesse passende Clubs, Gruppen oder Mentoren zu suchen.
Doch auch die Nachteile möchte ich nicht verschweigen. Oft angesprochen und kritisiert, ist es tatsächlich so, dass es außerhalb von Schule und Kindergarten schwieriger ist, Sozialkontakte zu schaffen - jedenfalls anfänglich. Dieses Problem ergibt sich vor allem in Deutschland, ganz einfach weil es so wenige Unschooler (bzw. Menschen mit Zeit) gibt.
Zudem erfordert Unschooling die dauerhafte Betreuung der Kinder, die sonst durch die öffentlichen Institutionen abgedeckt sind. Das ist nicht jedermanns/frau Sache und hat ebenfalls zur Folge, dass Unschooling-Familien häufig auf ein Einkommen verzichten.
Nicht zu verachten ist es auch, anders zu leben als der Mainstream. Ob man dies persönlich als Nachteil empfindet, sei mal dahin gestellt, jedenfalls erfordert es ein gewisses Maß an Mut, Rückgrat und innerer Überzeugung. Denn auf kritische Stimmen kann man sich 100% gefasst machen (wenn man Glück hat, sind sie selten und weichen einer neugierigen Offenheit).
In den Ländern, wo Unschooling verbreiteter ist, ist es wesentlich leichter, auch in der Nähe des Wohnortes Gleichgesinnte zu finden. Das Internet war für diese zunehmende Vernetzung enorm hilfreich und stellt unzählige Lernmaterialien zur Verfügung.
Was die Frage der Abschlüsse betrifft, so bringt Unschooling m.E. keine Nachteile mit sich. Während man sich in Deutschland extern und selbstständig auf das Abitur vorbereiten und es ablegen kann, gibt es z.B. in England zahlreiche Möglichkeiten für Homeschooler (das ist der Überbegriff und umfasst auch Familien, die ihre Kinder zu Hause aktiv unterrichten), Abschlüsse zu absolvieren.
Da in den USA und England schon mindestens eine Generation Homeschooling erfolgreich durchlaufen hat, nehmen die Universitäten inzwischen mit Vorliebe Homeschooler, da sie wissen, dass sie motiviert sind und eigenverantwortlich lernen können.
Auch auf dem Arbeitsmarkt kommt immer mehr die Erkenntnis an, dass nicht zwingend ein guter Abschluss zu einem fähigen Mitarbeiter gehört. Prominente Beispiele gab es in jüngster Zeit häufiger.
Und zu guter Letzt bietet Unschooling meines Erachtens einen riesengroßen, wenn nicht den entscheidenden Vorteil: Es beinhaltet stets eine WAHL. Das bedeutet, dass Unschooler jederzeit auch in eine Schule eintreten können, wenn sie es wünschen, und sie auch wieder verlassen können, wenn es ihnen sinnvoller erscheint.
Für uns überwiegen ganz klar die Vorteile - sonst würden wir nicht tun, was wir tun. Unschooling ist sicherlich - wie alles im Leben - nicht für jeden geeignet. Für uns jedoch war es eine der wunderbarsten Entdeckungen überhaupt, die wir um nichts in der Welt missen möchten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen